Artikel Tagesspiegel. The important is not important.
Michael Nungesser,
Kunstwissenschaftler und Mitglied der deutschen Sektion des
Internationalen Kunstkritikverbandes AICA, hat einen außerordentlichen
Artikel in den Tagesspiegel über uns geschrieben. Vielen Dank!
Der Meister selbst taucht auf einem der Fotos als "Alfred Jarry Irradiation" auf. Ein anatomisches Kabinett wird zur makabren Kulisse für absurdes Theater. Den "Gefallenen Engel" aus Stein im Madrider Retiro-Park bedrängt eine kosmische Wolke, und Schaufensterpuppen gewinnen in "Die Dinge haben ihr eigenes Leben" eine unheimliche Präsenz. Doch auch prosaische Ansichten entfalten ihre Poesie: "Berlin Babylon", kurz nach der Übersiedlung des Fotografen im weiten Osten augenommen, wirkt wie eine Auferstehung der Stadt nach 1945, als Trümmerfelder zu Äckern mutierten.
Zurück ins bewegte Spanien: Die Mitglieder der Punkrockgruppe Alaska y los Pegamoides entweihen in "Aufgeklebte Turbulenzen" das Ehrenmal der Legion Condor auf dem Almudena-Friedhof in Madrid. Als Andy Warhol Ende 1982 anlässlich seiner Galerieausstellung "Guns, Knives, Crosses" in Madrid weilte, durfte ihn Gorka de Duo im Auftrag der Zeitung El País ein paar Tage begleiten. Er schoss "Andy Warhol Pop Shot" und zwei ein symbolisches Diptychon ergebende Fotografien: die Pop Ikone als sich selbst erzeugende Mythenmaschine.
Gorka de Duo kannte auch den Fluxus-Künstler und Museumsgründer Wolf Vostell gut. Er zeigt "Wolf Vostell und eine Spur in der Luft" sowie seinen auch dort, im landschaftlich kargen spanischen Malpartida (wo der Fotograf übrigens 1995 selbst als Performer auftrat) zur Betonruhe gekommen Verkehr. So steckt hinter jedem Bild von Gorka de Duo (Preise: 200-6800 Euro) eine Geschichte, verbirgt sich eine Serie witerer Bilder. Das gilt für das Porträt einer Schauspielerin der legendären Theatergruppe La Fura dels Baus ebenso wie für "Reclaim the streets" über Berliner Straßenaktionen.
Die Dinge haben ihr eigenes Leben
Archival Pigment Print
40 x 40 cm
Auflage 13 + 2 AP
© Gorka de Duo / Vegap 1984
Archival Pigment Print
40 x 40 cm
Auflage 13 + 2 AP
© Gorka de Duo / Vegap 1984
Vom Leben der Dinge
Betonreise über die Alta Extremadura (VOA.EX von Wolf Vostell)
Archival Pigment Print
58 x 58 cm
Auflage 13 + 2 AP
© Gorka de Duo / Vegap. 1995
Archival Pigment Print
58 x 58 cm
Auflage 13 + 2 AP
© Gorka de Duo / Vegap. 1995
Der kunstsinnige Flaneur ist
gefordert. Wenn er auf Entdeckungstour geht und durch die
Krausnickstraße spaziert, wird er an Muses Maschine wohl nicht
vorbeikommen, ohne anzuhalten. Hinter dem mysteriösen Namen, dessen
Untertitel "Art Laboratory Galerie" die Neugierde steigert, verbirgt
sich ein kleiner Raum im Souterrain mit fotografischen Trouvaillen. Hier
arbeitet und stellt ein jung gebliebener Akteur der einstigen Madrider
Movida aus:
Gorka de Duo. Der in Madrid geborene Fotograf war einer der Protagonisten dieser kleinen kulturrevolution nach dem Tod des Diktators.
Der von Basken abstammende, an der Mittelmeerküste aufgewachsene Fotograf Gorka de Duo lässt sich nicht festlegen, weder im Werk noch im Leben. Das konservativer werdende Spanien nach dem Ende der Ära Felipe González trieb den Nomaden 1998 nach Berlin. Als unangepasster Zeitgenosse und fotografischer Experimentator sieht er sich in Spanien von der Agenda gelöscht. In Berlin gilt es nun Fuß zu fassen, autonom, ohne diplomatische Krücken. In seiner Galerie gibt er derzeit einen Überblick über sein Werk: zeitsprunghaft und motivisch weit gedehnt, anarchisch und pataphysisch, unter dem Motto: "The important is not important". Die Pataphysik gennante absurde Wissenschaft des französischen Schriftstellers Alfred Jarry gilt dem Lichtbildner als Inspirationsquelle.
Gorka de Duo. Der in Madrid geborene Fotograf war einer der Protagonisten dieser kleinen kulturrevolution nach dem Tod des Diktators.
Der von Basken abstammende, an der Mittelmeerküste aufgewachsene Fotograf Gorka de Duo lässt sich nicht festlegen, weder im Werk noch im Leben. Das konservativer werdende Spanien nach dem Ende der Ära Felipe González trieb den Nomaden 1998 nach Berlin. Als unangepasster Zeitgenosse und fotografischer Experimentator sieht er sich in Spanien von der Agenda gelöscht. In Berlin gilt es nun Fuß zu fassen, autonom, ohne diplomatische Krücken. In seiner Galerie gibt er derzeit einen Überblick über sein Werk: zeitsprunghaft und motivisch weit gedehnt, anarchisch und pataphysisch, unter dem Motto: "The important is not important". Die Pataphysik gennante absurde Wissenschaft des französischen Schriftstellers Alfred Jarry gilt dem Lichtbildner als Inspirationsquelle.
Der Meister selbst taucht auf einem der Fotos als "Alfred Jarry Irradiation" auf. Ein anatomisches Kabinett wird zur makabren Kulisse für absurdes Theater. Den "Gefallenen Engel" aus Stein im Madrider Retiro-Park bedrängt eine kosmische Wolke, und Schaufensterpuppen gewinnen in "Die Dinge haben ihr eigenes Leben" eine unheimliche Präsenz. Doch auch prosaische Ansichten entfalten ihre Poesie: "Berlin Babylon", kurz nach der Übersiedlung des Fotografen im weiten Osten augenommen, wirkt wie eine Auferstehung der Stadt nach 1945, als Trümmerfelder zu Äckern mutierten.
Zurück ins bewegte Spanien: Die Mitglieder der Punkrockgruppe Alaska y los Pegamoides entweihen in "Aufgeklebte Turbulenzen" das Ehrenmal der Legion Condor auf dem Almudena-Friedhof in Madrid. Als Andy Warhol Ende 1982 anlässlich seiner Galerieausstellung "Guns, Knives, Crosses" in Madrid weilte, durfte ihn Gorka de Duo im Auftrag der Zeitung El País ein paar Tage begleiten. Er schoss "Andy Warhol Pop Shot" und zwei ein symbolisches Diptychon ergebende Fotografien: die Pop Ikone als sich selbst erzeugende Mythenmaschine.
Gorka de Duo kannte auch den Fluxus-Künstler und Museumsgründer Wolf Vostell gut. Er zeigt "Wolf Vostell und eine Spur in der Luft" sowie seinen auch dort, im landschaftlich kargen spanischen Malpartida (wo der Fotograf übrigens 1995 selbst als Performer auftrat) zur Betonruhe gekommen Verkehr. So steckt hinter jedem Bild von Gorka de Duo (Preise: 200-6800 Euro) eine Geschichte, verbirgt sich eine Serie witerer Bilder. Das gilt für das Porträt einer Schauspielerin der legendären Theatergruppe La Fura dels Baus ebenso wie für "Reclaim the streets" über Berliner Straßenaktionen.
MICHAEL NUNGESSEER
Der Tagesspiegel - Kunst & Markt
Der Tagesspiegel - Kunst & Markt
(Samstag, den 01.03.2014)
Comments
Post a Comment